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Rampenlicht
Miles Pena
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Interview vom 16. April 1998, New York

D

This is the German Translation. There's also the original version in Spanish.
Dies ist die deutsche Übesetzung. Es gibt auch die spanische Originalfassung.

Ich traf Miles Peña am 16. April '98 im Haus seiner Managerin, Lucia Kim, drei Tage nach der "Record Release Party" seiner neuen CD "Mis Ideas". Nach einem hervorragenden kubanischen Abendessen, das Maria, seine Verlobte zubereitet hatte, unterhielten wir uns über seine Musik, die neue CD und mehr...

K: Miles, Du lebst nun seit ca. 7 Jahren in den USA. Wie fühlst Du Dich mittlerweile hier? Hast Du Dich gut an das Leben in New York gewöhnt?

M: Nun, es war ein totaler Neuanfang. Das ist wie neu geboren zu werden. Denn mehr als die Hälfte dessen, was ich von klein auf gemacht hatte, mehr als die Hälfte der Gewohnheiten, der Ideen, mehr als die Hälfte meines Denkens hat sich geändert. Das Einzige, was sich nicht geändert hat, sind meine Gefühle und die Art, wie ich das Leben sehe.

Aber beim Neubeginn in einem Land wie den USA, oder besser gesagt bei einer "Wiedergeburt" hier, wird man von einer Menge Neuem beeinflußt. Ich hatte niemals gedacht, daß es so sein würde, wenn ich in die Staaten kommen würde, wie es ist. Ich hatte eine Vorstellung, aber ich dachte nicht, daß es so sein würde. Die erste Überraschung war diese Welt des enormen Wettbewerbs hier. Ich wußte, daß ich eine gute Show machen konnte, weil ich das in Kuba schon getan hatte, ich wußte daß es den Leuten gefallen würde. Aber ich wußte nicht, daß ich in eine Welt solcher Kreativität kommen würde, 10 Jahre im Voraus denken zu müssen - musikalisch gesehen - den wenn Du hier eine Musik machst, die veraltet ist oder gerade noch "in" ist, ist das nichts Interessantes. Interessant ist es, wenn Du Musik machst, die gerade im Kommen ist, wenn Du dabei etwas Neues kreierst.

K: Diejenigen, die Deine Platten oder Dich live gehört haben wissen, daß Du eine tolle, sehr sonore Stimme hast. Was tust Du für diese Stimme? Trainierst Du sie?

M: Ich habe schon vor zwei Jahren aufgehört, regelmäßig Unterricht zu nehmen. Oder sagen wir, ich habe ein wenig Abstand vom Unterricht gehabt. Man hört nie auf, das Singen zu lernen. Du brauchst immer - Dein ganzes Leben, auch wenn Du schon 30 Jahre singst - einen Lehrer der Dich korrigiert. Denn während Du Dich weiterentwickelst, wächst, brauchst Du neue Techniken. Aber ich schone mich viel, in dem Sinne, daß ich meine Stimme nicht mißbrauche. Wenn ich Shows habe, spreche ich nicht - den ganzen Tag. Es kommt vor, daß ich mich bei der Arbeit im Studio nicht ausruhen kann, denn neben der Show bin ich manchmal, sagen wir, 7 Stunden im Studio, mache Aufnahmen, komponiere und all das spürt man natürlich. Ich muß also einen Kompromiß zwischen "Ich arbeite heute Abend, habe einen Auftritt und muß tagsüber ausruhen" und den anderen Aufgaben finden. Aber es ist schon zwei Jahre her, daß ich keinen Gesangsunterricht nehme.

K: Du übst also nicht jeden Tag, á la ... (es folgt ein schlecht imitierter Tarzan-Ruf)

M: Nein. Na ja, wenn ich eine neue Platte beginne - wie diese jetzt - klar, dann gibt es eine Zeit des Training, der Vokalisation, des Übens, damit, wenn man mit der neuen CD herauskommt, die Leute wirklich hören, daß Du diesen Song beherrschst. Aber das geht jetzt schon einfacher, Du brauchst jetzt nicht mehr jeden Tag...

K: Jetzt sind wir schon auf die neue CD, "Mis Ideas", zu sprechen gekommen. Du hast sie diesen Montag im S.O.B.s vorgestellt...

M: Nun, die neue CD, denke ich, ist das wichtigste, was ich jeh gemacht habe. Und ich sage daß sie das wichtigste ist, weil sich auf ihr Miles Peña als Miles Peña präsentiert. Ich denke daß die anderen Produktionen - die gut waren - nicht meinen Stil wiedergaben. Es war ein Stil wie bei einem beliebigen anderen Künstler. Z.B. wenn Miles Peña "Mirame A La Cara" sang - das war bestenfalls einem anderen Salsa Sänger ähnlich. Wenn Du aber Miles Peña "Ella No Está Sola" oder "Házmelo Otra Vez" singen hörst, das ist Miles Peña, bzw. das gleicht keinem anderen. Und das hängt vom Lied ab, es hängt vom musikalischen Arrangement ab und die Arrangements und die Lieder sind meine. Schon wenn ich mit dem ersten Wort eines neuen Lieds anfing dachte ich schon daran was die Bläser (Trompeten, Posaunen etc.) machen würden. Es was etwas, daß zusammen geboren wurde. Ich komponierte einen Teil des Liedes und wußte schon, was ich mit dem Rhythmus machen wollte. Deshalb ist diese CD sehr harmonisch. Alles kommt "On Time". Deshalb denke ich, daß es das interessanteste - musikalisch gesehen - ist, das ich je gemacht habe. Diese Produktion enthält 7 von mir geschriebene Lieder und jedes davon hat etwas mit meinem Leben zu tun. So hab ich es auch auf der CD geschrieben, dort steht "Diese Lieder sind Erfahrungen, die ich über meine Jugend hinweg erlebt habe". Genauer gesagt waren sie nicht eigene Erfahrungen, aber ich habe sie in Leuten gesehen, die mir nahe standen, da es meine Freunde waren, denen es passierte. Aber es sind Dinge, von denen die Lieder erzählen, es sind Dinge die die ganz normalen Leute erleben, Leute die auch Musik hören. Deshalb hab ich es geschrieben.

K: Das sind also deine Inspirationen für neue Songs (da hat er mir doch meine Frage vorweggenommen...)

M: Ja.

K: Aber auch der Stil der Musik hat sich im Vergleich zu Deinen bisherigen CDs ganz schön geändert. Bisher war es eher "Salsa Romantica"...

M: ... genau ...

K: ... und jetzt ist es sehr viel kubanischer.

M: Deshalb sage ich ja auch, das ist jetzt Miles Peña. Bisher.... klar, das war Miles Peña, aber es hätte auch ein anderer Künstler sein können. Jetzt ist es etwas anderes, denn diese Platte ist stark beeinflußt durch ... nun, kubanische Musik. Obwohl die kubanische Musik jeden Tag anders ist. Dagegen ist sie [die neue CD] durch das beeinflußt, was JETZT in Kuba passiert und was dort passieren wird.

K: Gibt es eine oder mehrere spezielle Gruppen aus Kuba, die Dir besonders gefallen, die Dich inspirieren?

M: Ja, es gibt da eine Gruppe in Kuba die mir sehr gefällt. Sie heißt "Charanga Habanera".

K: David Calzado und ...

M: Exakt. Klar, es gibt einen sehr großen Unterschied zwischen ihnen und mir. Es ist die Energie die mir an ihnen gefällt. Aber die Texte der Lieder passen weder gut in die USA, noch nach Puerto Rico. Denn die Art der Kubaner zu reden ist nicht einfach zu verstehen. Wenn sie sagen "Lola, Lola, tú estas muy buena pa' un toque bola". Un Toque bola, wenn Du das einem "Newyorquino" sagst, denkt der daran, einen Ball wie beim Baseball zu schlagen. Aber in Kuba heißt das soviel wie "sich treffen". Deshalb gefällt mir die Energie sehr, das was musikalisch passiert, aber die Texte funktionieren nicht. Die funktionieren nicht hier, nur in Kuba. Da sie nur für Kuba sind. Ich glaube die kubanischen Gruppen, die sehr gut sind, müssen etwas internationaler werden. Denn was sie sagen versteht man nur in Kuba.

K: Obwohl ich viele Leute kenne, die salsa hören ohne auch nur ein einziges Wort zu verstehen, die kein Spanisch können.

M: Das ist wahr, aber wir sprechen dabei von einer Minderheit. Wenn wir von einer Mehrheit sprechen, dann sprechen wir davon, eine halbe Million Platten zu verkaufen. Um eine halbe Million Platten zu verkaufen, müssen die Leute dich verstehen. Die amerikanische Musik ist z.B. nicht so, denn obwohl in Spanien und den Ländern in Mittel- und Südamerika nicht Englisch verstehen, lassen sie sich vom Rhythmus mitreißen (schnippt mit den Fingern...). Und in der amerikanischen Musik brauchst Du keine Partnerin zum Tanzen. Du brauchst nicht unbedingt eine Frau. Du kannst in eine amerikanische Disko oder einen Club gehen und alleine tanzen. Weil die Musik so ist.

K: Aber um mit einer Partnerin zu tanzen, brauchst Du doch nicht den Text zu verstehen...

M: Ja, aber der Unterschied, den ich zwischen dem amerikanischen Beat und dem Beat der Salsa sehe, ist daß Salsa eine Choreographie beinhaltet, bei der Du die Frau packst, sie drehen läßt, in der amerikanischen Musik ist das nicht nötig. Das macht die amerikanische Musik freier und die hispanische Musik weniger frei. Da unterscheiden sie sich. Der Text ist das nicht so wichtig, aber der Beat wohl. Die kubanische Musik hat deshalb mit Einschränkungen leben müssen. Weil es nicht einfach ist, dem Beat der heutigen kubanischen Musik zu folgen, bzw. dem, was heute in Kuba gemacht wird. Nicht das, was Beny Moré oder Celia Cruz gemacht haben, das was es heute gibt. Zu hart für die Tänzer.

K: Ja, ziemlich kompliziert.

M: Sehr kompliziert. Deshalb möchte ich mich nicht sehr, sehr nahe an den kubanischen Stil annähern, weil das nicht funktionieren würde, hier und heute. Es gibt Bands, die aus Kuba kommen und sich hier in New York in verschiedenen Lokalen präsentieren. Die Leute genießen das. Aber es ist nicht die Unterstützung, das Publikum unterstützt diese nicht so sehr wie die Musiker, die schon hier sind, denn die sind viel bekannter. Die hören sie im Radio, die aus Kuba hören sie nicht im Radio. Davon hängt sehr viel ab.

K: Nun gut, wie haben von Deiner neuen CD geredet. Ich habe Deine Band gesehen - mit dem bekannten Timbalero und musikalischen Direktor Ralph Irizarry. Kannst Du uns etwas über Deine Band erzählen?

M: Die Band ist wie ein Team, das man, wenn man anfängt.... Ich glaube, als ich die Band im Jahr 1992 gegründet habe, wollte ich - gleich! - das hören, was ich heute habe. Die Musiker auf der Bühne, wenn die sich ansehen, dann gibt es schon eine Kommunikation, dann weiß man, was der andere will. Ich sehe zum Direktor und sehe zum Pianisten und gebe ein Signal - und da ist die Kommunikation. Diese Kommunikation kommt mit der Zeit, mit der Arbeit all der Monate und Jahre und deshalb habe ich heute eine Band mit solch einer effektiven, guten Show. Aber das hat Zeit gebraucht, es war viel Arbeit und wir mußten viel proben. Und manchmal hat man nicht das Glück, immer mit den gleichen Musikern rechnen zu können. Es kann vorkommen, daß die Musiker Verpflichtungen haben, die sie nicht vermeiden können.

Es ist nicht einfach, ein Orchester zu unterhalten. Das wichtigste ist Arbeit zu haben. Denn wenn Du keine Arbeit hast... die Musiker wollen arbeiten - und sie gehen weg. Du brauchst also zuerst Arbeit. Wenn Du Arbeit hast, ist das Aufbauen einer Kommunikation wichtig. Ich vermute Du hast Orchester wie das von Tito Puente gesehen, Orchester, die seit Jahren in der gleichen Sache zusammenarbeiten. Die kommunizieren sehr einfach, deshalb sind ihre Shows so dynamisch, mit so viel Energie, so viel Kraft. Und nur ein Signal und Du siehst schon, daß sich alles im Orchester ändert. Das ist das Wichtigste, die kontinuierliche Arbeit und Kommunikation mit den Musikern. Das erwarte ich von mir selbst. Ich kann kein Orchester mit Musikern bezahlen, die nicht für eine starke Show vorbereitet sind. Daran habe ich viel gearbeitet und heute scheint es mit, daß ich das habe. Wie z.B. Ralp Irizarry, Lisandro Arias und der Bassist - alle, alle sind sehr gute Musiker, wie Du ja gehört hast.

K: Ja. Ich habe zwei Konzerte von Euch gesehen und beide waren ziemlich unterschiedlich. Nicht nur andere Lieder, sondern auch wie Ihr die Songs gebracht habt.

M: Ja, denn wir haben eine Eigenart. Z. B. ... Es gefällt mir nicht, eine Show genau so wie auf der CD zu bringen. Wir präsentieren ein Lied wie es das Publikum von der CD oder aus dem Radio hört, aber danach muß man etwas bringen, was darüber hinaus geht und improvisiert ist, weg vom Papier. Etwas kreieren, das wirklich neu für das Publikum ist, das überraschend ist. "Wow! Das ist gerade jetzt und hier kreiert worden!". Z. B. die Bläser nehmen, etwas neues mit ihnen erfinden, den Rhythmus stoppen, das Klavier alleine lassen, danach singe ich alleine und improvisiere mit den Leuten. Das macht dem Publikum einen enormen Spaß. Und die sehen natürlich, daß jeder Musiker sein Instrument beherrscht und daß das Orchester den Song beherrscht. Das ist interessant! Ich sehe wenige Leute, die das machen und ich frage mich: "Warum?", wenn es dem Publikum so gefällt. Dem Publikum gefallen all diese Wechsel, wenn sie sehen, daß das Orchester in diesem Moment etwas neues erfindet und die Rhythmen ändert. Die Leute - wenn wir nach der Show von der Bühne kommen, beim Begrüßen oder wenn wir Autogramme schreiben - sie merken das, sie sagen "unglaublich, wie Du den Song vereändert hast!".

K: Und hast Du die anderen Musiker gefragt, warum sie das nicht machen?

M: Nein. Ich frage mich nur, warum? Das ist doch Salsa!

K: Vielleicht weil es schwieriger ist?

M: Natürlich ist es so schwieriger. Aber das ist - wenn ich mal davon ausgehe, daß Du ein Sänger, ein Salsero bist - als ob ein Buchhalter nicht multiplizieren könnte. Nun ja, ich glaube jeder Künstler hat seinen eigenen Reiz. Jeder Künstler hat seine Eigenheiten, seine Spezialitäten. Ich ziehe es vor, die Show nicht so zu machen, wie es auf der CD ist. Ich muß das Lied so bringen wie es dort ist, aber auch etwas kreieren, improvisieren, ändern - damit die Leute sehen, daß wir Spaß an der Sache haben und kreativ sind.

K: Und daß wir nicht eine CD hören, so wie jeden Abend...

M: Ja. So kühl, als ob man jeden Abend zu Hause bleibt. Die Leute bezahlen um eine Show zu sehen!

K: Nun gut, mir haben diese Shows sehr gut gefallen - wann haben wir denn Gelegenheit, das auch in Deutschland bzw. Europa genießen zu können?

M: Das wäre klasse. Nun, wir sind gerade im Gespräch um im Sommer zu einem Festival nach Holland, Amsterdam, zu kommen und es ist fast sicher, daß wir am 1. August dort sind. Am 7. August gehen wir nach Singapur. Und hoffentlich kommen wir auch nach Deutschland. Wir wissen daß es in Deutschland eine starke Salsa - Welle gibt, Leute denen Salsa sehr gefällt, die das ganze verfolgen. Hoffentlich ist es bald so weit.

K: Das wäre sehr schön. Wir warten!

So, wir kommen zum Ende. Möchtest Du den Salseros in Deutschland bzw. Europa noch etwas sagen?

M: Zunächst einmal - vielen Dank an Dich, Klaus, für die Unterstützung durch Deine Web Site.

Und überbringe allen in Europa, denen die Salsa gefällt, Grüße mit viel, viel, viel "calor salsero" (das kann man einfach nicht übersetzen!) - im Namen von Miles Peña und seinem Orchester.

K: Vielen Dank für das Interview.

M: Ich danke Dir. Es war hoffentlich nicht das letzte!

Interview, Übersetzung: Klaus Reiter


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