Cuarteto Chanchullo: Zambumbia

(p) & (c) 2000 Cumbancha Alvarez Music (AM-003)

CD-Besprechung von Klaus Reiter

Gut zwei Jahre ist es nun her, dass Ricardo Alvarez mit seiner Band "Cubanísimo" einen Überraschungserfolg landete: Die CD "Clásicos al Estilo de los 50s" schlug ein wie eine Bombe (s. CD-Besprechung im Salsaholic). Nun meldet sich der in Hamburg lebende Kubaner zurück, diesmal mit seiner "kleinen Band" Cuarteto Chanchullo. Das Wort "Chanchullo" steht in Kuba für "Tumult", "Aufstand" oder "Wirrwarr" - ob das Quartett für solche Reaktionen sorgen will?

Mit vier hochkarätigen Musikern aus vier verschiedenen Provinzen Kubas (Leandro Saint-Hill, Ricardo Alvarez, Omar Rodríguez Calvo und Silvano Mustelier) sind die Voraussetzungen für gute Musik geschaffen, und dass Ricardo Alvarez mit seinem eigenen Label und Studio gute Produktionen abzuliefern weiß, hat er mit den "Clásicos" vortrefflich demonstriert.

Das Programm des Quartetts reicht laut Presseankündigung "von traditionellen kubanischen Klängen bis zu instrumentaler Tanz- oder Hintergrundmusik" - was dann doch etwas mulmig stimmt - instrumentale Hintergrundmusik? Etwa Sphärenklänge?

Aber nach einem anfangs witzigen, bei mehrfachem Hören der CD aber eher nervigen Intro - ein Radio, auf dem diverse Stationen durchprobiert werden, die jeweils Stücke der CD spielen - bekommt man erstmal mit "Vente pal carnaval" etwas astrein kubanisches auf zu hören. Das erinnert angenehm an Cubanísimo, das Quartett hat sich hier auch ein wenig Verstärkung für diesen vollen Klang geholt, z.B. Leonardo Alarcón an der Posaune.

Mit "Guajira en menor" bekommt man dann eine andere Seite der Band zu hören. Eine Guajira mit lässig-trägem Rhythmus und dem wunderbar melancholischen Tenorsaxophon von Leonardo Saint-Hill. Dieser Song ist ein kleines, aber kostbares Juwel - schon alleine deswegen ist die CD einen Kauf wert! In diesem Stil entwickelt sich dann die CD weiter: Spassig-fetzige Nummern à la "Huérfano de swing" wechseln sich mit eher jazzigem ab, aber alles steht auf einem soliden kubanischen Fundament.

Erst mit dem zehnten Stück, "tú mi delirio" geht es dann doch recht krass Richtung seichter Berieselung. Sicher ein nettes Stück Hintergrundmusik für ein romantisches Dinner, viel mehr aber nicht. "Miramar", der folgende Titel, fängt ähnlich an, gibt aber hinterher allen Musikern Gelegenheit zu Soli und hebt sich damit aus der Belanglosigkeit heraus.

Mit "Joci chancletera" geht es dann plötzlich wieder in eine ganz andere Richtung, deutlich lebhafter. Das wirkt nach zwei sehr seichten Nummern fast schon deplaziert. Bei "Danzonando" - in der Stimmung ähnlich wie "Guajira Menor" - beeindruckt Leandro Saint-Hill wieder mit seinem gefühlvollen Saxophonspiel. Das lebhafte "Mi changüi chanchullero" bildet mit viel Witz, einem perlenden Piano und diversen Soli dann einen würdigen Abschluß dieser CD.

Fazit: Das weite Spektrum dieser Aufnahme ist einfach zu groß um wirklich wie aus einem Guss zu wirken. Was anfangs noch ein angenehmes Wechselspiel zwischen lebhaft und ruhig ist, driftet gegen Ende der CD dann doch recht weit auseinander.

Aber jedes Stück für sich ist sehr schön arrangiert und in Perfektion eingespielt worden. Cuarteto Chanchullo hat definitiv bewiesen, dass sie ein extrem weites musikalisches Spektrum perfekt beherrschen. Und vor allem für die wenigen ruhigen Abende im Leben eines echten Salsaholics ist diese CD ein echter Hörgenuss.

Salsaholic-Bewertung:
Hörgenuss:		5 Congas
Tanzbarkeit:		2 Congas
Originalität:		3 Congas
Variation:		4 Congas
Gesamt:		4 Congas