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Konzertberichte |
Für all' diejenigen, die nicht mit dabei sein
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15. Antillaanse Feesten Hoogstraten, Caribbean Festival
(8. /9. August, Hoogstraten, Belgien)
- was für ein langer Name. Aber bei so einem Staraufgebot
und solcher Menge guter Musik kann man sich den auch leisten... Insgesamt
traten 11 Gruppen an zwei Tagen auf, es gab jeweils von 19.30 bis 4.30 (und
darüber hinaus) Konzerte auf zwei Bühnen. Im letzten Jahr sollen gut
32000 Besucher gekommen sein - dieses Jahr könnten es ähnlich viele
gewesen sein.
Folgende Konzerte standen auf dem Programm: Bühne 1 - Son
Damas, Alfredo Guiterrez, Oscar D'Leon und Bredda David am Freitag,
Africando, Tabou Combo, Los Hermanos Rosario und Blue Ventures am
Samstag. Bühne 2 - Dan Den (zweimal) und La India Canela am
Freitag, Klimax (zweimal) und noch mal La India Canela am
Samstag.
Bevor ich zu den einzelnen Konzerten komme zuerst ein paar
Bemerkungen zum Rahmen: Das größte karibische Festival Europas
findet in der Nähe des kleinen Städtchens Hoogstraten in Belgien,
nahe der holländischen Grenze, statt - mitten "in der Pampa" sozusagen.
Zwei große, mehr oder weniger offene Zelte bieten Regenschutz vor den
Bühnen, dazwischen gibt es reichlich Platz zum Ausruhen und Genießen
der schönen Stimmung. Daß es Parkplätze en Masse gibt, ist zu
erwarten, daß diese aber kostenlos sind - eine angenehme
Überraschung. Auch das Zelten auf dem direkt nebenan provisorisch
eingerichteten Campingplatz ist kostenlos, Preise für Getränke und
das Frühstück sehr human (2,50 Gulden pro Bier, Cola und Wasser).
Größere Wartezeiten entstanden eigentlich keine - kurz gesagt: Das
Festival ist perfekt organisiert!
Doch jetzt zur Musik. Ich habe leider nicht alle Konzerte sehen
können, also bleiben einige unerwähnt:
Son Damas Direkt zum Auftakt eine sehr
angenehme Überraschung: Son Damas sind nicht nur Damen (wie der Name
sagt), sondern offensichtlich auch gute Musikerinnen. Besonders die
Sängerin dieser kubanischen Frauengruppe verstand es sehr gut, daß
Publikum anzuheizen - eine beeindruckende Show. Dagegen wirkte Issac Delagodos
Konzert in Düsseldorf (s. Bericht)
eher müde.
Dan Den Dan Den war mir bis dahin nicht
bekannt, aber auch sie waren eine positive Überraschung. Sie spielen die
"neue kubanische Salsa", relativ hart, rhythmisch, besonderes Merkmal ist der
verstärkte Einsatz des Schlagzeugs. Dan Den klingt aber unter anderem
durch die drei Posaunisten (keine Trompeten) wärmer als die anderen
Gruppen dieses Genres. Jedenfalls haben sie eine sehr fetzige Show gebracht,
wobei die Tanzeinlagen der drei Sänger manchem wohl zu Macho-haft waren...
aber was soll's!
Alfredo Guiterrez Für einen
erstaunlichen Stimmungshöhepunkt sorgte Alfedo Guiterrez mit seinen
Cumbias und Vallenatos - damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet! Diese
Musikrichtung ist nicht ganz so mein Ding, aber man kann nicht bestreiten,
daß die Band hervorragend gespielt hat. Erstaunlich, wie sportlich /
akrobatisch der schon seit den 60ern im Musikgeschäft aktive Alfredo
Guiterrez ist. Zwar wirkten manche Einlagen eher belustigend, aber er hat
wirklich für Stimmung gesorgt.
Oscar D'Leon Natürlich war dieses
Konzerte der absolute Höhepunkt der Nacht, auf den alle warteten. Und es
sollte niemand enttäuscht werden. Oscar D'Leon spielte mit seiner Band
satte zweieinhalb Stunden - ohne eine einzige Pause! Kaum war ein Lied
ausgeklungen, so zählte er auch schon das nächste an - unglaublich.
Die gesamte Band spielte hochmotiviert, es gab Solos, traumhafte Tanzeinlagen
von Oscars Söhnen und "der Löwe" improvisierte immer wieder spontan.
Was macht ein echter Sonero, wenn sich das Kabel des Mikros verklemmt? Ganz
einfach: Einen neuen Refrain à la "Was ist denn mit dem Kabel los?".
Oscar D'Leon ließ auch seinen Söhnen und seinem peruanischen
Begleitsänger viel Raum, ihr Können zu zeigen.
Er spielte praktisch alle alten Hits: Llorarás, Mentiras,
Castellano Que Bueno Baila Usted usw. - leider kein einziges Lied von den
beiden letzten Platten. Da hätte er doch lieber "Macarena" (!) weglassen
sollen. Na ja, irgend etwas wollte er mir wohl zum Kritisieren lassen, denn
ansonsten könnte ich - selbst wenn ich noch so sehr wollte - nichts
Negatives von diesem Konzert berichten. Es war eindeutig das Beste, das ich
bisher gesehen habe!
Africando Africando war nach Oscar D'Leon
die Nummer zwei der Gründe für mich, nach Hoogstraten zu fahren. Drei
tolle Alben (s. z.B. Gombo Salsa) und das
umjubelte Konzert in Amsterdam ließen hohe Erwartungen aufkommen - die
leider völlig enttäuscht wurden. Die vier Sänger wirkten
reichlich uninteressiert, Medoune Diallo sogar richtig arrogant. Einzig Gnonas
Pedro versuchte ein wenig für Stimmung zu sorgen. Schlimmer jedoch war die
Band: Trotz der eifrigen Anweisungen des Pianisten klappte ein Einsatz nach dem
anderen nicht. Die Hits "Colombia Mi Corazon" und "Gombo Salsa" wurden durch
Patzer fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Erst gegen Ende der Songs
blitzte manchmal durch, daß da richtig gute Musiker am Werk waren.
Offensichtlich war die Band sehr kurzfristig zusammengestellt und ohne viel
Zeit zum Proben auf Tour geschickt worden. Da helfen dann auch bekannte Namen
wie z.B. Hector "Bomberito" Zarzuela nicht drüber hinweg. Schade. Ich kann
nur hoffen, daß dieser Auftritt von Africando ein einmaliger Ausrutscher
war.
Klimax Nachdem ich von
zwei Konzerten mit der "neuen kubanischen Salsa" nicht
übermäßig begeistert war (s. Paulito y su Elite und Issac
Delgado), hatte ich von Klimax nicht mehr sehr viel erwartet. Nach der
großen Enttäuschung mit Africando haben sie mir aber dann noch
diesen Abend gerettet - und wie! Bei Klimax stimmte an diesem Abend alles:
Unglaublich fetzige Musik, ein äußerst lebhaftes Auftreten der drei
Sänger - da wurde das Publikum gleich angesteckt. Was mir bei Issac
Delgado noch zu viel erschien - Congas, Timbales und Schlagzeug - verschmolz
hier zu einer perfekten Rhythmusmaschine, die zum Glück gar nicht
maschinell Klang. Der Timbalero griff manchmal auch zu den Batás, der
Bassist spielte mal jazzig, mal groovy - ich war begeistert. Dann
plötzlich verabschiedeten sich die Sänger und kündigten ein
Latin-Jazz Stück an. Das folgende Instrumentalstück enthielt
reichlich Solos, darunter die wohl besten Percussion-Einlagen, die meine Ohren
je zu hören bekommen haben. Was Giraldo Piloto (Schlagzeug) und seine
Männer an der Conga und den Timbales / Batás da zauberten war
einfach unglaublich! Leider war dieser Auftritt viel zu schnell zu Ende. Um
1:30 sollte es einen zweiten Auftritt geben, aber das war dann in Anbetracht
der dreistündigen Heimfahrt doch etwas zu spät. Jedenfalls werde ich
Klimax, wenn sie noch einmal in der Nähe spielen sollten, auf keinen Fall
verpassen! Und im nächsten Jahr werde ich mit Campingausrüstung nach
Hoogstraten fahren, so daß ich an beiden Tagen bis zum Schluß dabei
sein kann.
Die Berichte geben persönliche Meinungen wieder. Soweit
nicht anders vermerkt, stammen alle Texte von Klaus Reiter.
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